Kognitive Produktion

Aber was IST die Verwaltungsschale denn wirklich?

Der Begriff “Verwaltungsschale” hat seinen Weg ins Bewusstsein der Industrie-4.0-Community gefunden – vermutlich auch aufgrund seines etwas bürokratischen Tons, der nur durch die Übersetzung “Asset Administration Shell” (AAS) getoppt wird. Wie sich der Begriff verändert hat und wofür er heute steht, beschreibt dieser Eintrag.

Erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde die Idee mit der Veröffentlichung von DIN SPEC 91345 – besser bekannt als “RAMI 4.0”. Das war 2016. Die erste Assoziation zu RAMI 4.0 ist in der Regel das Ebenenmodell, allerdings ist sie auch das Ursprungsdokument für die Verwaltungsschale. Nicht nur der Begriff wird eingeführt – sondern auch der Scope:

“Erst wenn es [das Asset] als Entität und mindestens passiv kommunikationsfähig mit einer ‘Verwaltungsschale’ ausgestattet wird, wird er zur I4.0-Komponente.”

DIN SPEC 91345, S. 24

Aus dieser Definition ergibt sich ein ehrgeiziger Anspruch: Kein Industrie 4.0 ohne Verwaltungsschale! Dazu passt auch, wie immer wieder betont wird, dass die AAS der einzige echte Standard für Digitale Zwillinge sei, was je nach Definition sogar passt. Selbstverständlich würden andere Standardisierungsorganisationen wie das W3C hier widersprechen.

Technische Basics

Die Verwaltungsschale soll Eigenschaften wie Abstraktion (Typ vs. Instanz), Identifizierbarkeit, Kommunikationsfähigkeit erfüllen. Auch der Begriff des Teilmodells taucht hier auf. Die Norm liest sich also wie ein abstraktes Anforderungsdokument – damals noch ohne Angaben, wie eine Verwaltungsschale denn nun aussehen soll. Das führte dazu, dass bis heute in Industrie und Academia behauptet wird, eine Lösung sei eine Verwaltungsschale, nur weil sie einzelne Aspekte aus dieser Norm erfüllt. Das stimmt aber nicht mehr.

An die Veröffentlichung der RAMI-Norm schloss eine intensive Kooperation zwischen Plattform I4.0 und ZVEI an, welche 2018 mit dem Dokument “Details of the Asset Administration Shell, Part 1” (DotAAS, Pt. 1) in einem Meta-Model-Entwurf mündete. Inzwischen sieht das Meta-Modell vereinfacht wie folgt aus:

Meta-Modell der Verwaltungsschale in V3RC02
Zusammengefasst …

… ist es recht simpel: Die Verwaltungsschale (AssetAdministrationShell) gehört zu einem Asset (nur durch eine ID gekennzeichnet) und besteht aus unterschiedlichen Submodels, die dann wiederum SubmodelElements beinhalten – bspw. Properties (als Beispiel im Schaubild), References, Ranges, Links zu anderen Assets (Entities), Capabilities etc. Zwar wurde die ursprüngliche Anforderung der Schachtelbarkeit für Verwaltungsschalen und Submodels über Bord geworfen, mit der SubmodelElementCollection allerdings auf Ebene der SubmodelElements beibehalten. Alle anderen Elemente (ConceptDescriptions, Qualifier etc.) erfüllen nachgeordnete Rollen. Diese Meta-Modell-Elemente erlauben, einem Asset der physischen Welt eine Repräsentanz in der Informationswelt zu geben.

Zusammengefasst: Mit DIN SPEC 91345 gab es nur Anforderungen, mit DotAAS, Pt.1 gibt es ein Meta-Model.

Dieser Beitrag ist der Erste einer Serie über die Verwaltungsschale. Alle Beiträge werden hier zu finden sein.

Arno Weiß

Arno Weiß, M.Sc.
ehem. Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Abteilung "Digitalisierung in der Produktion"

Fraunhofer IWU
Reichenhainer Str. 88
09126 Chemnitz

Ken Wenzel

Dr.-Ing. Ken Wenzel
Abteilungsleiter
"Digitalisierung in der Produktion"

Fraunhofer IWU
Reichenhainer Str. 88
09126 Chemnitz

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