Kognitive Produktion

Kann Kollege Roboter helfen? Detaillierte Machbarkeitsstudien evaluieren die Automatisierbarkeit manueller Prozesse.

Die Automatisierung bislang manuell ausgeführter Prozesse ist heute mehr denn je eine Möglichkeit, auf den Fachkräftemangel zu reagieren. Auf die Frage „Ist mein Prozess automatisierbar und wenn ja, wie?“ liefern wir mit realitätsnahen 3D-Simulationsmodellen und den Methoden der virtuellen Inbetriebnahme eine fundierte und gleichzeitig verständliche Antwort. Wir gehen dabei sogar noch einen Schritt weiter. Aber lesen Sie selbst.

Unsere Motivation

Aktuell ist in allen Bereichen der Industrie der Fachkräftemangel deutlich spürbar. In vielen Betrieben fehlen Mitarbeitende für die Bearbeitung von bestehenden Aufträgen. Die Automatisierung heute noch manuell ausgeführter Tätigkeiten kann Unternehmen dabei unterstützen den Fachkräftemangel zu kompensieren. Durch sie können Ressourcen effizienter genutzt werden und die Produktivität konstant gehalten, oder sogar gesteigert werden. So können zum Beispiel Werkzeug- oder Verarbeitungsmaschinen in der Nachtschicht mit wiederkehrenden Fertigungsaufträgen automatisiert betrieben und beladen werden, während ein talentierter Maschinenbediener in der Tagschicht anspruchsvolle Sonderaufträge abarbeitet. Dies führt zu einer effizienteren Ausnutzung der maschinelle Ausstattung wird ohne zusätzlichen Personalbedarf.

Allerdings ist nicht jeder Prozess wirtschaftlich sinnvoll automatisierbar. Um sicherzustellen, dass die Automatisierung eines Prozesses tatsächlich zielführend ist und die gewünschten Ergebnisse erzielt werden können, ist eine Machbarkeitsstudie ein geeignetes Tool. Gewissenhaft durchgeführt, ermöglicht diese es, eine passfähige und realisierbare Lösung zu finden, die Ihre Erwartungen erfüllt.

In wenigen Schritten zur detaillierten Einschätzung der Machbarkeit

Die grundlegende Methode zur Durchführung einer Machbarkeitsstudie baut auf der VDI-Richtlinie 2221 auf. Wir erweitern die darin beschriebene Vorgehensweise um den Einsatz eines digitalen Anlagenzwillings und entwickeln daran gemeinsam mit Ihnen eine Automatisierungslösung. Hierzu nutzen wir Softwaretools für eine virtuelle Inbetriebnahme (VIBN). Die folgende Abbildung zeigt unsere Vorgehensweise für eine Machbarkeitsanalyse.

Im ersten Schritt der Machbarkeitsstudie werden die Ausgangssituation sowie die Bedarfe des Kunden analysiert (Anforderungsanalyse). Gewonnene Informationen werden möglichst in Form von Kenngrößen (verfügbarer Bauraum oder geforderte Taktzeit) erfasst. Aber auch Erfahrungswerte und langjährig gewachsenes Prozess-Know-how werden beispielsweise in Form von Arbeitsanweisungen beachtet.

Die Anforderungsanalyse stellt die Basis für die Erarbeitung der Funktionsmodelle in Schritt zwei dar. Teilfunktionen des Systems (wie z.B. Handhaben, Fixieren, Prüfen…) werden identifiziert und es wird eruiert, welche Teilfunktionen auf welche Weise bzw. mit welchen Komponenten automatisiert werden könnten.

Im dritten Schritt erfolgt die Ableitung von Lösungskonzepten für die gefundenen Funktionen. In verschiedenen Konfigurationen werden die Größe der dafür notwendigen Komponenten sowie deren Anordnung zueinander untersucht und bewertet. Ein Beispiel hierfür ist die Auswahl und Positionierung eines geeigneten Roboters unter Berücksichtigung des Werkstückes und des Arbeitsraumes. Um die Lösungskonzepte untereinander, aber auch mit den Anforderungen vergleichen zu können, sind die Kenngrößen der Lösungskonzepte zu ermitteln. Bei herkömmlichen Machbarkeitsstudien geschieht dies lediglich auf Basis von Erfahrungswerten oder Annahmen. Bei unserer erweiterten Vorgehensweise kommt nun ein Simulationsmodell ins Spiel.

Ab hier beginnt die Erweiterung gegenüber VDI 2221: Bei der Modellierung greifen wir auf eine umfangreiche Bibliothek von Standardkomponenten, wie etwa Roboter, zurück. Durch eigens von uns entwickelte Softwarebausteine, definieren wir Bewegungsabläufe durch virtuelles “teachen” (programmieren) einmal initial und untersuchen deren Realisierung bei Einsatz verschiedenster Robotertypen per „plug and play“. Somit kann herstellerübergreifend geprüft werden, welche konkrete Lösung für die vorliegende Aufgabe optimal geeignet ist.

Die folgende Abbildung verdeutlicht dieses Vorgehen am Beispiel der Kollisionsbetrachtung bei der Auslegung eines Roboters für einen Schweißprozess. Zu sehen ist die modellgestützte Kollisionsbetrachtung für das Abfahren einer Bahn für unterschiedliche Robotertypen verschiedener Hersteller. Diese Vorgehen lässt sich auch auf andere Automatisierungskomponenten wie Einzelachsen, Portale oder Endeffektoren übertragen.

Die Ablaufsimulation des virtuell automatisierten Prozesses ermöglicht es uns, die Kenngrößen der Lösungskonzepte zu quantifizieren. Das Modell erlaubt beispielsweise die Ermittlung des Zeitverlaufs einer Bahnbewegung oder der Zykluszeit für eine Bearbeitung – zwei Kenngrößen die ohne Simulation nur grob abschätzbar sind. Es erfolgt eine Bewertung der Machbarkeit der Automatisierungslösung nicht nur qualitativ, sondern auch anhand objektiver Kriterien. Damit wird die Basis für eine verlässliche und detaillierte Investitionsentscheidung gelegt.

Im letzten Schritt erstellen wir basierend auf den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie ein individuelles Lastenheft für die direkte Beauftragung eines Herstellers, Automatisierers oder Integrators. Wir geben ebenfalls eine Empfehlung, welche Systeme am Markt besonders für Ihre Applikation geeignet sind. Auf Wunsch begleiten wir Sie auch gern bei der Umsetzung ihrer Automatisierungslösung.

Automatisierter Prüfprozess, © Fraunhofer IWU
Modellgestützte Erreichbarkeitsuntersuchung, © Fraunhofer IWU
Weitergedacht und weiter nutzbar

Doch das Lastenhelft bildet nicht den Abschluss: Das entstandene VIBN-Modell kann auch nach der Investitionsentscheidung Mehrwert bringen. So ist beispielsweise mit dem Modell noch vor der Realisierung der Automatisierungslösung eine virtuelle Inbetriebnahme der Steuerungsfunktionalität oder eine Nutzung zur Schulung von Mitarbeitenden möglich.

Haben wir Ihr Interesse geweckt. Oder denken sie vielleicht schon länger über den Einsatz von Automatisierungslösungen für ihrer Prozesse nach? Sprechen Sie uns per Mail an gerne an: philip.jerke@iwu.fraunhofer.de bzw. christer-clifford.schenke@iwu.fraunhofer.de. Wir finden gemeinsam mit Ihnen eine passende Lösung für Ihre Herausforderung.

Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Website.


Headerbild: © Fraunhofer IWU

Philip Scharf

Dipl.-Ing. (FH) Philip Scharf
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Abteilung "IIOT-Steuerungen und Technische Kybernetik"

Fraunhofer IWU
Pforzheimer Str. 7a
01189 Dresden

Telefon: +49 351 4772-2635
E-Mail: philip.scharf@iwu.fraunhofer.de

Dr.-Ing. Christer Schenke

Dr.-Ing. Christer-Clifford Schenke
Gruppenleiter
"Modellbasierte Entwicklung selbstoptimierender Produktionssysteme"

Fraunhofer IWU
Pforzheimer Str. 7a
01189 Dresden

Telefon: +49 351 4772-2616
E-Mail: christer-clifford.schenke@iwu.fraunhofer.de

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