Genug von starren Produktionsprozessen, die den wechselnden Kundenanforderungen und schwankenden Losgrößen nicht gerecht werden können? Automatisierungslösungen sind nicht flexibel genug, um die wenigen, vorhandenen Fachkräfte sinnvoll entlasten zu können? Schon wieder ist eine Anpassung notwendig und SPS-Pprogrammierer sind nicht verfügbar? Der Servicepartner hat erst wieder in 2 Wochen Zeit? Hier bieten Automatisierungslösungen mit fähigkeitsbasierter Steuerung eine innovative und zukunftsorientierte Lösung. Dank herstellerunabhängiger Schnittstellen und grafischer Programmieroberflächen können Prozessabläufe in automatisierten Anlagen wie Roboterzellen schnell, einfach und ohne Kenntnisse in der Steuerungsprogrammierung angepasst und erweitert werden.
Was ist Skill based control?
Fähigkeitsbasierte Steuerung bzw. Skill based control (SBC) ist eine Methode zur Programmierung von Steuerungssystemen mit dem Ziel, dass Prozessabläufe einfacher, flexibler und ohne Kenntnisse in der Steuerungsprogrammierung erstellt, erweitert und angepasst werden können. Die Basis hierfür bilden vorgefertigte, parametrierbare Funktionen, sogenannte Fähigkeiten, die durch eine oder mehrere Steuerungen bereitgestellt werden. Die Erstellung von Abläufen erfolgt nicht mehr programmbasiert in der SPS, sondern durch einfache blockbasierte Anordnung der Fähigkeiten über eine grafische Benutzeroberfläche. Diese Trennung von Funktionen und Ablauf bietet dem Endanwender die Möglichkeit, das Programm einfach aus flexibel nutzbaren Fähigkeiten zusammenzustellen und anzupassen.
Wie funktioniert skill based control?
Die Grundlage für SBC bilden modulare Steuerungs- oder Softwarefunktionen in Automatisierungslösungen, die verschiedene funktionale Komponenten (Components) wie Roboter, Greifer oder Kameras steuern. Die Funktionen dieser Komponenten wie Bewegen, Greifen oder Detektieren werden durch die Module als parametrierbare Fähigkeiten (Skills) über OPC UA bereitgestellt. Dabei können Module mehrere Fähigkeiten haben und innerhalb eines Steuerungssystems können mehrere Module vorhanden sein. Die verfügbaren Skills werden dann durch ein übergeordnetes Orchestrierungssystem automatisiert eingelesen und können zu einem flexiblen Prozessablauf zusammengestellt und parametriert werden. Dabei können Programmtechniken wie Abstraktion und Generalisierung angewendet werden, um den Prozessablauf in besser verständliche und wiederverwendbare Teile aufteilen zu können. Die folgende Abbildung veranschaulicht den Aufbau von SBC anhand eines beispielhaften Prozessablaufs, bestehend aus einem Greif- und einem Zerspanprozess.

Wie wurde skill based control entwickelt?
Das Fraunhofer IWU hat in Zusammenarbeit mit der EKF Automation GmbH im Projekt SkillRob eine Lösung für die Automatisierung von Fertigungsprozessen mit Hilfe von fähigkeitsbasierten, modularen Roboterzellen entwickelt. Die Anlagen von EKF können jetzt modular und flexibel gestaltet werden. Anpassungen oder Rekonfigurationen sind schneller und einfacher durchführbar und die verschiedenen funktionalen Komponenten wie Roboter, Greifer oder Kamerasysteme können flexibler genutzt werden. Der Fokus lag dabei vor allem auf der Entwicklung der herstellerunabhängigen Schnittstelle über OPC UA und der Möglichkeit, beliebig viele Fähigkeiten und Steuerungen, die Fähigkeiten anbieten, einzubinden. Das Ergebnis des Projektes bilden die entwickelte Architektur und das implementierte Framework für Fähigkeitsbasierte Steuerungen (SBC).

Wie lässt sich skill based control einsetzen?
SBC lässt sich für viele unterschiedliche Arten von Automatisierungslösungen einsetzen, deren Funktionen und Prozessabläufe regelmäßig angepasst werden müssen, um wechselnde Automatisierungsaufgaben ausführen zu können. Basis dafür bilden die Fähigkeiten, die durch den Automatisierer bzw. Hersteller in den jeweiligen Steuerungen programmiert und per OPC UA bereitgestellt werden. Das Orchestrierungssystem kann diese Fähigkeiten dann automatisiert einlesen und dem Bediener über eine grafische Benutzeroberfläche als vordefinierte Funktionen bzw. grafische Blöcke bereitstellen. Aus den Fähigkeiten können dann grafische Prozessabläufe erstellt und parametriert werden. Dazu stehen konventionelle Programmiertechniken wie Verzweigungen, Schleifen und Variablen zur Verfügung. Um Prozessschritte zusammenzufassen und wiederzuverwenden, lassen sich individuelle Funktionen erstellen. Folgendes Video zeigt die Nutzung der web-basierten Benutzeroberfläche zur grafischen Programmierung von Abläufen mit folgenden Inhalten:
- Neues Asset hinzufügen und verbinden, welches Fähigkeiten von modularisierten Komponenten bereitstellt.
- Fähigkeiten laden und verschiedene Abläufe durch Anordnung grafischer Blöcke erstellen. Dabei Nutzung von Programmiertechniken wie Verzweigungen, Variablen und Funktionen.
- Ausführen der Abläufe und Beobachtung des Fortschritts anhand der markierten Blöcke.
- Hinzufügen eines weiteren Assets mit neuen Fähigkeiten, Erstellen eines Ablaufs aus Fähigkeiten beider Assets und Ausführung dieses Ablaufs.
Welche Vorteile bietet skill based control?
Automatisierungslösungen mit fähigkeitsbasierter Steuerung bieten einen Mehrwert gegenüber konventionellen Lösungen, die die flexible und wandlungsfähige Nutzbarkeit einer Roboterzelle durch heterogene Schnittstellen und statisch programmierte Abläufe stark einschränken. Auch neuartige innovative Tools, die sich auf einfachere Roboterbedienung mit beispielsweise Hilfe von grafischen Teach-Funktionen konzentrieren, können optimal eingebunden und erweitert werden. So können neben dem Roboter auch alle anderen notwendigen Komponenten in einer Roboterzelle einfach eingebunden und flexibel genutzt werden. Dadurch können flexible Automatisierungslösungen wie Roboterzellen besonders für die Kleinserienfertigung attraktiver gemacht werden. Der Anwendungsbereich ist erweiterbar und es werden keine Programmierkenntnisse für die Erstellung und Anpassung der Prozessabläufe benötigt. Dank der universellen Schnittstellendefinition der Fähigkeiten und Nutzung von OPC UA, ist die Anbindung unterschiedlicher Steuerungen und Softwaresysteme verschiedener Hersteller bzw. Lieferanten möglich.
Vorteile von SBC im Überblick:
- Hohe Flexibilität
dank parametrierbarer und flexibel nutzbarer Fähigkeiten - Einfache Anpassbarkeit
dank grafischer Erstellung und Anpassung von Prozessabläufen ohne Programmierkenntnisse - Schnelle Erweiterbarkeit
dank einheitlicher Schnittstellen und OPC UA - Herstellerunabhängigkeit
dank Nutzung von OPC UA und eigenständigem Orchestrierungssystem - Kostenfreie Nutzung
Basis-Implementierung unter Open-Source-Lizenz
Wenn auch Sie an der Einführung dieser Lösung in Ihrem Unternehmen interessiert sind, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir helfen Ihnen gerne, Ihren Produktionsprozess auf die nächste Stufe zu heben. Als Ansprechpartner erreichen Sie Torben Wiese per E-Mail unter: torben.wiese@iwu.fraunhofer.de